Warum fällt es uns so schwer, unser Verhalten umweltverträglich zu gestalten?
Mittlerweile sind sich viele Menschen bewusst, dass sie in Anbetracht der Klimakrise ihr Verhalten umweltfreundlicher gestallten müssen. Oft ist das tatsächlich umgesetzte Verhalten aber nicht so umweltverträglich wie die Verhaltensabsichten: Das ist die oft beschriebene Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten. Dies lässt sich unter anderem durch das Vermeiden von Kognitiver Dissonanz erklären, die dazu führt, dass dissonante Informationen ausgeblendet werden. Ein Beispiel: Ich halte mich für umweltbewusst (Einstellung) und belege dies durch Mülltrennen im Alltag (Verhalten, das dazu passt und ein Gefühl von Konsonanz erzeugt). Wenn ich häufig fliege, passt dies nicht zu meiner umweltbewussten Einstellung und erzeugt kognitive Dissonanz – das ignoriere ich, denn ich strebe nach einem Gefühl von kognitiver Konsonanz. Zum Problem wird dies dann, wenn meine umweltschädlichen Taten schwerwiegender sind als meine umweltbewussten Taten.
Ein anderes Problem beim Gestalten unseres Verhaltens in Bezug auf Umweltfreundlichkeit ist die Nicht-Wahrnehmbarkeit von Umweltproblemen. Dem Menschen fällt es schwer, Umweltprobleme wahrzunehmen, da er die meisten Umweltproblemen nicht mit den eigenen Sinnen direkt bemerkt: Gerade die Auswirkungen des CO2-Aussosses sind nicht unmittelbar wahrnehmbar, während das Einleiten von giftigen Stoffen in einen Fluss direkt wahrnehmbare Auswirkungen hätte. Zudem unterschätzen wir die Probleme wegen räumlicher und zeitlicher Distanz und weil der Zusammenhang zwischen Verhalten und mittelbaren Verhaltensfolgen komplex ist – zwischen dem Ausstoß von Treibhausgasen und dem größten Teil der Erderwärmung liegt etwa ein Jahrzehnt. Somit bemerken wir nicht jetzt, was wir mit unseren heutigen Emissionen bewirken, sondern erst viel später. Ausserdem fehlen Wahrnehmungskategorien, da bestimmte Begriffe (zum Beispiel «Waldsterben») erst dann etabliert werden können, wenn das Problem wahrgenommen wird.
Im Übrigen erschwert das Betroffenheitsgefühl das Umweltverhalten. Einige fühlen sich zu wenig betroffen, weil sie die Umweltprobleme nicht als bedrohlich oder gar relevant empfinden und weil sie glauben, dass die Katastrophe sowieso nicht sie treffe. Andere fühlen sich sehr betroffen, haben aber eine geringe Selbstwirksamkeitserwartung und glauben deswegen, dass sie selbst nichts mehr bewirken können. Nur wenn die Betroffenheit sich mit subjektiv empfundener Lösbarkeit ausbalanciert, ist zu erwarten, dass sich jemand für die Lösung der Umweltprobleme engagiert.
Zuletzt ist es auch die Nicht-Handlungsfähigkeit, die sich negativ auf das umweltrelevante Verhalten auswirkt. Die Fähigkeit zu handeln kann durch situative Einschränkungen, entgegenstehende Gewohnheiten, fehlendes Handlungswissen, negative Resonanz des Umfelds und die unmittelbare Relevanz anderer Faktoren negativ eingeschränkt werden.
Faktoren, die das umweltrelevante Verhalten beeinflussen
Umweltrelevantes Verhalten ist oft Alltagshandeln, das nicht nur vom Umweltbewusstsein, sondern auch von zahlreichenden anderen Faktoren beeinflusst wird. Einige Faktoren können wie folgt zusammengefasst werden:
Die persönliche ökologische Norm, die sich aus Problembewusstsein, Verantwortungsbewusstsein und Selbstwirksamkeit zusammensetzt.
Soziale Normen, welche von vielen Menschen geteilt werden. Hier lässt sich zwischen einer Soll-Norm (was erwarten andere von mir?) und einer Ist-Norm (wie verhalten sich andere?) unterscheiden.
Die subjektive Kosten- und Nutzenanalyse, die darüber bestimmt, wie leicht und günstig oder aber auch wie unbequem und teuer das umweltschonende Verhalten empfunden wird.
Der Abwägungsprozess, in dem Emotionen und Gewohnheiten einen entscheidenden Einfluss haben auf die Herausbildung der Intention, tatsächlich umweltrelevant zu handeln.
Umweltfreundliches Verhalten fördern
Umweltschonendes Verhalten kann gefördert werden, indem je nach Bedarf die oben genanntenEinflussfaktoren adressiert werden:
Das Problembewusstsein und das Verantwortungsbewusstsein werden gefördert. Es soll die Aufmerksamkeit auf das Problem und dessen Relevanz für das Individuum gelenkt werden und dabei veranschaulicht werden, welche Konsequenzen das eigene Verhalten hat. Das Problembewusstsein soll genau in dem Ausmass steigen wie auch die Selbstwirksamkeit.
Die Selbstwirksamkeit wird gefördert, indem Handlungswissen vermittelt wird. Die Frage «Was kann ich konkret zur Lösung des Problems beitragen?» soll anhand von Wissen und konkreten Handlungsalternativen beantwortet werden. Zusätzlich wird deutlich gemacht, dass jeder einzelne einen Einfluss hat und somit auch Mut gemacht. Oder aber die kollektive Selbstwirksamkeit kann gefördert werden, in dem deutlich gemacht wird, was wir gemeinsam bewirken können.
Vorhandene Anreize können betont oder neue eingeführt werden, damit die subjektive Kosten-Nutzen-Rechnung anders ausfällt. Dies geht zum Teil mit einer politischen Forderung einher – zum Beispiel sollen Flüge teurer und Zugtickets billiger werden – oder aber neue Verhaltensoptionen können geschaffen werden – zum Beispiel eine neue Bushaltestelle vor der Haustür. Aber auch das Betonen von Verlusten von nicht-öko Verhalten können als Anreiz wirken – zum Beispiel aufzeigen, wie viel Geld man pro Jahr verliert, weil man einen ineffizienten Kühlschrank zuhause hat.
Durch Nudging kann das umweltfreundliche Verhalten mehr oder weniger subtil angestossen werden, was bedeutet, dass wir durch kleine Nudges von Unternehmen und vom Staat zur Verhaltensänderung bewegt werden. Mit der weiterführenden Literatur kann in mehr Detail auf die verschiedenen Nudge-Ansätze eingegangen werden.
Für alle umweltpsychologischen Interventionen gilt: Zentral ist, diejenigen Verhaltensänderungen zu unterstützen, die die grösste Umweltwirkung haben. Es ist nämlich nicht entscheidend, dass alles richtig gemacht wird, sondern es ist entscheidend, dass mit dem wichtigsten angefangen wird. In Bezug auf Klimaschutz sind diese «Key Points» das Flugverhalten, die Wahl des Heizungssystems, die Wahl des alltäglichen Verkehrsmittels, der Fleischkonsum, der Umgang mit den eigenen Finanzen, das eigene Konsumniveau (Kleidung, Elektronikprodukte etc.) und das politische Wahl- und Abstimmungsverhalten.
Quelle: Elmar Grosse Ruse, WWF Schweiz
Die Potenziale für Verhaltensänderungen sind also durchaus gegeben, ihnen werden jedoch durch aktuelle Rahmenbedingungen immer noch Grenzen gesetzt. Solange man an manches Ziel nicht mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln hinkommt, weil das Angebot nicht da ist oder ich als Mieter: In nicht über das Heizsystem entschieden kann, wird es schwierig bleiben, umweltfreundlich zu leben.
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Dieses Erklärvideo ist in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Graubünden und das Institut für Multimedia Production entstanden.
Weitere Unterlagen zu diesem Thema findest du hier:
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🎥 Die Virtuelle Akademie Bildung Nachhaltige Entwicklung bietet eine kostenlose virtuelle Vorlesungsreihe der IPU «Psychologie des sozial-ökoligschen Wandels».
🎧 Der Podcast von Psychologists for Future Klima im Kopf.
📃 Der Bericht im Auftrag des BAFU:Konsumverhalten und Förderung des umweltverträglichen Konsums.
📃 Der Wissenschaftsbeitrag für Energieforschung Zürich zur Förderung von Umweltschonenden Verhaltenswiesen.
📃 Das Buch von Karen Hamann, Anna Baumann und Daniel Löschinger: Psychologie im Umweltschutz. Handbuch zur Förderung nachhaltigen Handels.
📃 Hier sind die Key Points vom WWF Schweiz in Bezug auf Verhaltensänderung für das Klima aufgelistet.
📃 Die Infografik von Klimafakten.de zeigt auf, was Menschen zum Handeln bewegt angesichts des Klimawandels.
📃 Der Bericht der Cambridge Sustainability Commission zur Skalierung von Verhaltensänderungen.
📃 Bei Der Gemeinsamen Tagung der Stiftung Mercator Schweiz und des WWF Schweiz wurde auf die Umweltbildung und was wirkt, eingegangen.
📃 In dieser Studie vom Umwelt Bundesamt werden Nudge-Ansätze beim nachhaltigen Konsum untersucht und Massnahmen entwickelt um nachhaltigen Konsum anzustossen.
📃Der Artikel Klimasünder oder Klimaretter – wie geht es weiter nach der ersten klimafreundlichen Handlung?
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