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Wie bringen wir die Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen: erster Fireside Chat!

  • Autorenbild: Zora Zubler
    Zora Zubler
  • 30. Juni
  • 3 Min. Lesezeit

Am 16. Juni durften wir den Ökonomen Timothée Parrique zu einem Fireside Chat zusammen mit Thomas Vellacott, dem CEO von WWF Schweiz, und Laurène Descamps, Co-Leiterin des One Planet Labs einladen. Das Thema « Wie können wir eine Wirtschaft innerhalb planetarer Grenzen erreichen» hat über 130 Menschen aus verschiedensten Bereichen angezogen. Hier sind die Punkte, die sich aus dem Austausch ergeben haben. 



Parrique ist ein Ökonom und forscht derzeit an der HEC Lausanne – der Fakultät für Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft der Universität Lausanne in der Schweiz. Er arbeitet im Rahmen des STRIVE-Forschungsprojekts an der makroökologischen Planung in der Schweiz und hat 2022 das Buch „Ralentir ou périr. L’économie de la décroissance“ (Verlangsamen oder Untergehen. Die Wirtschaft in Degrowth) veröffentlicht.  


Er erklährt, dass Degrowth ist ein makroökonomisches Konzept ist. Das bedeutet, dass es beschreibt, was in der Gesamtheit passiert. Wenn wir absichtlich emissions- und ressourcenintensive Aktivitäten reduzieren oder eliminieren, muss die Gesamtgrösse der Wirtschaft schrumpfen. Daher ist Degrowth auf makroökonomischer Ebene unvermeidlich – entweder erleben wir eine ungeplante Rezession durch den Zusammenbruch von Ökosystemen, oder wir planen demokratisch, die Gesamtproduktion zu verringern, um die Erde bewohnbar zu halten und das Wohl aller zu sichern. Es gibt immer noch keine empirischen Beweise für eine generelle Entkopplung des Wirtschaftswachstums von der Ressourcengewinnung, und wir können nicht länger warten, in der Hoffnung, dass dieser Prozess (also Green Growth) bald beginnt. 


Die Verfolgung des Pfades der Genügsamkeit (Suffizienz) und des Degrowth ist der risikoärmste Weg, um unsere überstrapazierte Wirtschaft zu transformieren und einen Zusammenbruch zu vermeiden. Dies liegt daran, dass der Ansatz reversibel ist; sollten wir in Zukunft Technologien entwickeln, die einen nachhaltigen Konsum ermöglichen, könnten wir zu unseren alten Gewohnheiten zurückkehren. Wenn jedoch unsere planetarischen Grenzen überschritten werden und wir mit extremeren und unregelmässigeren Ereignissen konfrontiert werden, werden wir nie wieder den Lebensstandard erreichen können, den wir in den letzten Jahrzehnten genossen haben. 

Die Übertragung des Degrowth von der Makro- auf die Meso-Ebene bedeutet nicht, dass alle Unternehmen, Produkte und Dienstleistungen schrumpfen müssen. Es geht darum, demokratisch auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu entscheiden, welche ressourcen- und emissionsintensiven Industrien reduziert oder gestoppt werden sollen und welche nützlichen Produkte und Dienstleistungen ausgebaut werden sollen. Als Akteure der Zivilgesellschaft müssen wir also auch eine gezielte Sprache verwenden, um Unternehmen in den Übergang einzubeziehen. Für einzelne Unternehmen sollten wir uns nicht auf das Paradigma «Wachstum/Degrowth» konzentrieren, sondern Ziele wie Wohlbefinden und Regeneration betonen und unsere Anreizstrukturen entsprechend gestalten. 


Post-Wachstum beschreibt die Art von Wirtschaft, die wir während der notwendigen Transformation unserer Systeme anstreben. Ein Teil dieser zukünftigen Wirtschaft ist bereits heute zu finden. Viele Projekte und Initiativen existieren bereits, wie z.B. Lebensmittelkooperativen, progressive Wasserpreise (bei denen der erste Kubikmeter kostenlos ist und der nachfolgende Verbrauch exponentiell teurer wird), Gemeinschaften zum Teilen von Gegenständen und viele mehr. Wir müssen daran arbeiten, sie zu stärken, zu vernetzen und zu skalieren. 


Die Art und Weise, wie unsere Wirtschaft organisiert ist, basiert auf einer Geschichte von Ideologien und Narrativen, und manchmal neigen wir dazu, dies zu vergessen. Wir können und müssen die Spielregeln ändern, um die Wirtschaft so auszurichten, dass sie zum Wohl der Gesellschaft funktioniert. Dieser Prozess muss jedoch demokratisch ablaufen, um einen gerechten Übergang zu gewährleisten. Zu den politischen Massnahmen, die befürwortet werden sollen, gehören die Reduzierung der Arbeitszeiten, die Rationierung bestimmter Industrien, Produkte und Dienstleistungen, die Besteuerung emissionsintensiver Produkte, das Verbot von kommerziellen Werbungen und die Sicherstellung der Vermögensumverteilung. Ein Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Grundbedürfnisse aller gedeckt sind, ohne unsere Biokapazität zu überschreiten. 


Wer sich den gesamten Austausch ansehen möchte, findet ihn auf YouTube.

 

Timothée Parrique, Forscher an der HEC Lausanne 
Timothée Parrique, Forscher an der HEC Lausanne 




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