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So wird Umweltschutz zur Selbstverständlichkeit


Ion Karagounis from WWF Switzerland

Kürzlich durfte ich an einem Projekt zur Neueröffnung eines Gastronomiebetriebs mitwirken. Alles ging prima vorwärts bis zu dem Moment, in dem es um Umweltfragen ging. «Können Sie mir sagen, welcher Kühlschrank am wenigsten Energie braucht?» «Das weiss ich nicht. Das interessiert niemanden in der Gastronomie.» «Wie ist das mit dem Ausschalten der Kaffeemaschine über Nacht?» «Was, ausschalten? Diese Maschine lassen Sie am besten immer laufen.»


Ich ärgerte mich über diese Aussagen, gleichzeitig hatte ich Verständnis dafür. Der Zeitdruck auf alle an der Planung und am Bau Beteiligten ist hoch und niemand ist bereit, Zusatzaufwände auf sich zu nehmen und zu vergüten.


Trotzdem: Wie kann es sein, dass wir seit Jahren über Energiesparmassnahmen sprechen und so wenig im Alltag angekommen ist? Die Diskussion über eine mögliche Energieknappheit im letzten Herbst und die steigenden Preise für Strom scheinen ebenfalls keine Wirkung hinterlassen zu haben. Ich kann mich irren, aber die Gastrobranche dürfte nicht die einzige sein, bei der die Realität noch weit hinter den Wunschvorstellungen herhinkt.


Was tun also? Die Beteiligten besser aufklären. Die Berufsleute besser schulen. Mit guten Beispielen zeigen, dass es auch anders geht. Nichts davon ist falsch. Aber es wird nicht reichen.


Man muss es den Menschen einfach machen, sich umweltfreundlich zu verhalten. Viel einfacher als heute. Solange man eine Extrameile gehen oder mehr bezahlen muss, um zur umweltfreundlichen Lösung zu kommen, wird immer nur ein kleiner Teil der Menschen dies freiwillig tun.


Natürlich, Corona hat gezeigt, dass wir Menschen auch zu ausserordentlichen Leistungen und zu Entbehrungen fähig und bereit sind. Corona hat aber auch gezeigt, dass dies kaum über einen längeren Zeitraum freiwillig geschieht, sondern nur, wenn es klare Regeln gibt, die für alle gelten.


Was tun also? Die Anreize müssen anders gesetzt werden. Das können finanzielle Anreize sein, verbindliche Richtlinien, verbesserte Infrastrukturen oder eine erhöhte Kundenfreundlichkeit. Einige Beispiele:

  • Finanzielle Anreize: Eine Steuer auf den Energieverbrauch führt dazu, dass energiesparende Geräte preislich attraktiv werden gegenüber solchen, die viel Energie verbrauchen.

  • Gebote: Richtlinien bewirken, dass nur noch besonders energieeffiziente Geräte in den Handel gelangen können und man sich die Frage nach dem Energieverbrauch nicht mehr stellen muss.

  • Infrastruktur: Wer will schon Velo fahren in einer Stadt, in der es keine Velowege gibt? Es müssen also mehr Velowege her.

  • Kundenfreundlichkeit: «Zürich London Flug billig»: Beim Fliegen genügt es, einige Stichworte in die Suchmaske einzugeben, und schon erhält man reihenweise Angebote. Beim Bahnfahren kann es zum Albtraum werden, grenzüberschreitende Tickets zu kaufen. Fahrten über die Landesgrenzen hinaus werden erst dann zum Renner, wenn es viel einfacher ist als heute, ein Ticket zu buchen. Immerhin: Zurzeit entstehen erste Angebote in diese Richtung (z.B. Trainline).

Diese Ansätze können nur durch kollektive Massnahmen verwirklicht werden. In vielen Fällen ist die Politik gefragt (finanzielle Anreize, Gebote, Infrastrukturen), in anderen liegt es an den Unternehmen, aktiv zu werden (Bahntickets).


Immer, wenn es um neue Gesetze geht, wird beklagt, dass persönliche Freiheiten eingeschränkt werden. In diesem Fall ist das schlicht falsch: Niemandem wird verboten, einen Kühlschrank zu kaufen. Niemandem wird verboten, von Zürich nach London zu reisen. Aber es wird den Menschen erleichtert, die umweltfreundliche Variante zu wählen. Weil sie billiger ist. Weil sie einfacher erhältlich ist. Weil es automatisch geschieht und keinen Zusatzaufwand erfordert.


Mein Fazit: Erstens: Aufklären und motivieren allein genügt nicht, um die Menschen zu umweltfreundlichem Handeln zu bewegen. Man muss es ihnen einfacher machen. Zweitens: Es liegt an der Politik und an der Wirtschaft, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.


Der nächste Blogbeitrag von Ion Karagounis wird im Dezember erscheinen.


Alle bisherigen Beiträge im Rethink-Blog findest du hier.

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